Die OPEC zwischen Solidarität und Steigerung
In elf Tagen steht das nächste Treffen der OPEC an. Für Russland und Saudi-Arabien scheint die künftige Förderstrategie bereits festzustehen.
Mehrere Gespräche haben in den vergangenen Wochen zwischen am OPEC-Abkommen beteiligten Ölproduzenten stattgefunden. Offenbar wollte man rechtzeitig vor dem offiziellen Treffen am 22. Juni Einschätzungen zur internationalen Marktsituation austauschen und abstimmen. Bei Absprachen ist es allerdings nicht geblieben. Vielmehr wurde im Mai die Testphase für Fördersteigerungen eingeläutet. So hat das russische Mineralölunternehmen Rosneft seine Förderung innerhalb von zwei Tagen um 70.000 Barrel pro Tag anheben können. Das ging aus einem nicht öffentlichen Investorenbriefing hervor. Insgesamt verfüge Rosneft über Steigerungspotenzial von 120.000 bis 150.000 Barrel pro Tag.
Auch Saudi-Arabien mit Förderausbau
Neben Russland hat auch Saudi-Arabien seine Ölförderung schon im Mai gesteigert. Täglich hat der OPEC-Mitgliedsstaat 100.000 Barrel mehr gefördert als noch im Vormonat. Auch für Juni steht offenbar eine Fördersteigerung auf der Agenda. Medienberichten zufolge plant Saudi-Arabien, seine Ölförderung mindestens um weitere 100.000 Barrel pro Tag anzuheben. Noch vor dem anstehenden OPEC-Treffen scheinen einige Ölproduzenten somit die Grenzen ihrer Förderkapazitäten austesten zu wollen. Dass Russland und Saudi-Arabien ihre Förderrate ohne eine offizielle Strategieänderung der OPEC auf eigene Faust anheben, sorgt am Markt für bearishe Stimmung. Die Rohölpreise befinden sich am Morgen im Seitwärtstrend. WTI liegt bei 65,63 US-Dollar, während ein Barrel der Nordseesorte Brent 76,37 US-Dollar kostet. Innerhalb der ersten Juniwoche sind die Heizölpreise deutschlandweit um ungefähr zwei Euro zurückgegangen. Über das Wochenende hinweg haben sie wieder etwas zugelegt und befinden sich nun oberhalb von 70 Euro. Im Deutschlanddurchschnitt kosten 100 Liter Heizöl heute 70,10 Euro.
Venezuela und Iran fordern solidarische Zusammenarbeit
Während Russland und Saudi-Arabien den Grundstein für eine neue Förderstrategie der OPEC bereits gelegt haben, fühlen sich andere Mitgliedsstaaten des Kartells übergangenen. Sowohl Venezuela als auch der Iran haben sich daher per Brief an ihre OPEC-Partner gewandt, um Solidarität einzufordern. So soll der venezolanische Ölminister Manuel Quevedo schriftlich um Unterstützung der anderen OPEC-Mitglieder gebeten haben. Die Sanktionen der USA und die Folgen für die venezolanische Ölindustrie müssten im Kreise des Kartells diskutiert werden. Aus dem Iran kommt indes Kritik an der geplanten Lockerung der Förderlimits. Der iranische Ölminister Bijan Zanganeh betonte in seinem Brief an die OPEC-Mitglieder, man sei nicht mit einer Anhebung der Förderraten einverstanden. Venezuelas Förderaktivität ist jüngst auf ein Allzeittief gesunken. Im Iran befürchtet man angesichts bevorstehender Sanktionen aus den USA ebenfalls einen Rückgang der Ölförderung. Die Förderentwicklung beider Staaten hat dazu beigetragen, dass die OPEC-Strategieänderung in Erwägung gezogen wird.